Mit „Bavaria One“ will Bayern eigenes Raumfahrtprogramm ins Leben rufen

Bavaria One. Ist das ernst gemeint? Bayern startet ein eigenes Raumfahrtprogramm mit dem sie das Weltall erobern wollen.

Astronauten in Lederhosen.

Markus Söder posiert vor einem überdimensionierten Logo auf dem sein Gesicht prangt mit den Worten „Bavaria One – Mission Zukunft“. Das Bild ist schon schräg und ein gefundenes Fressen für das Internet. Zeitungen titeln „Markus Söder schießt Bayern ins All“. Doch was steckt dahinter?

Söder hatte getweetet: „Zukunft heißt Technologie. Bayern ist Marktführer: wir investieren in Digitalisierung, Robotik, künstliche Intelligenz, Hyperloop und Raumfahrt und entwickeln sogar Quantencomputer.“

An und für sich löblich. Aber dann das Bild.

Spott und Häme in sozialen Netzwerken

In den sozialen Medien wurde Söders Tweet mit dem großen Logo zerissen. Vom Troll bis hin zur großen Zeitung wurde reagiert mit Buzzwords wie „Selbstüberschätzung bis zum Mond“ oder „selbstverliebtem Personenkult“.

Das Bild bei Twitter, als auch das Logo stammen von der Jungen Union. Der Jugendarm der Konservativen benutzt das Logo für ihre Image Kampagne beim Wahlkampf.

Getwittert hat Söder aber natürlich selbst.

Luft- und Raumfahrtprogramm beschlossen

baern oneWas der Tweet auf jeden Fall bewirkt hat, ist dass die große Öffentlichkeit mitbekommen hat, dass Bayern in die Raumfahrt investiert.

Das wurde vom Bayerische Kabinett beschlossen, die nun 700 Millionen in die Hand nehmen möchten um einen eigenen Satelliten zu bauen und mit der TU München eine Raumfahrt-Fakultät zu gründen.

Und das ist echt ein riesen Haufen Schotter oder? Und das wo es auch Probleme wie Mobilfunklöcher und fehlendes flächendeckendes Internet gibt. Auch der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert hat hier eine klare Haltung: „Worin Sie währenddessen nicht investieren: Bezahlbare Wohnungen, gebührenfreie Kitas, unbefristete Jobs für angestellte Lehrkräfte und vieles mehr. Vielleicht muss man wirklich hinterm Mond leben, um Prioritäten so zu setzen.“

Was dafür spricht

„Bavaria One“ war kein Witz, sondern ist wirklich ernst gemeint. Es soll sowohl wirtschaftlicher, als auch wissenschaftlicher Wert gestiftet werden und das ist finden wir grundsätzlich immer eine gute Idee.

Warum gibt man der Geschichte nicht also eine Chance und hört sich an, was wirklich geplant ist? Wir wollen hier kein Plädoyer für dieses Programm halten. Aber Raketenwissenschaften in Deutschland wären schon irgendwie verlockend, finden wir.

Was für die Universität geplant ist

bayern macht rocket scienceZentraler Bestandteil der Strategie ist der Aufbau einer großen neuen Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie mit Hauptsitz auf dem Ludwig-Bölkow-Campus in Ottobrunn. Dafür sollen 50 Professoren Stellen und knapp 2000 Studienplätze geschaffen werden.

Ausgedacht hat sich das Konzept ein Team von Experten unter Leitung von Ulrich Walter von der Technischen Universität in München.

Das geplante Projekt soll die „größte Raumfahrtfakultät Europas“ an der TU München hervorbringen.

Und damit nicht genug, geplant ist auch beispielsweise eine Hyperloop-Teststrecke.

Söder will gar nicht zum Mond

Das Raumfahrtprogramm „Bavaria One“ wurde zum Spott der Öffenlichkeit. Ulrich Walter, der die Ideen mit ausgearbeitet hat, will allerdings erklären, warum die Umsetzung sinnvoll sein kann. In einem Interview mit dem Spiegel gibt er interessante Antworten.

Ulrich Walter, ist Prof für Raumfahrt an der TU München. Der Physiker war selbst als Astronaut an Bord des Orbiters Columbia im All.

Seiner Meinung nach werde der Sachverhalt in den sozialen Netzwerken allerdings völlig falsch dargestellt. Eigentlich weiß keiner genau worum es geht, aber es wird viel spekuliert. Söder will nicht einfach zum Mond oder einem anderen Planeten fliegen. Bei dem Programm geht es überhaupt gar nicht um bemannte Raumfahrt.

Effiziennte kostengünstige Sateliten

astronaut ullrich walter will sateliten von bayern im allEin Ziel der Mission sei es, Sateliten kleiner, billiger und besser zu machen.

Besonders interessant, so Walter, werden Satelliten der 100-Kilo-Klasse in den kommenden Jahren. Diese ließen sich am Fließband herstellen und sind dann mit etwa zwei Millionen Euro pro Stück vergleichsweise günstig.

Vergleichsweise Projekte gäbe es zum Beispiel für das das Satellitenprojekt „OneWeb“. Hier werden zurzeit mehr als 800 solcher Mini-Satelliten in Toulouse und Florida produziert. Diese sollen dann ab 2019 im All weltweites Internet zur Verfügung stellen. Laut Walter ein Riesengeschäft, wobei man hier wohl kaum widersprechen kann.
Er ist überzeugt: Bayern könnte das auch.

Die Raumfahrt ist kommerzieller geworden und mit einem jährlichen Umsatz von 470 Milliarden Dollar weltweit, ist es definitiv auch aus wirtschaftlicher Sicht, eine interessante Möglichkeit.

Moderne Landwirtschaft

Außerdem betont Walter, dass auch der ökologische Aspekt eine Rolle für das Projekt spielen soll.

automatisierte bewässerungssysteme düngungDie Satelliten der Bayern „sollen die Welt verbessern, indem sie etwa die Erde auf den Quadratmeter genau beobachten“. Dadurch soll etwa auch die zielgenauere Düngung von Feldern gesteuert werden. Laut Hochrechnungen könnte so auf die ganze Welt betrachtet „bis zu 17 Prozent an Stickstoff eingespart und gleichzeitig der Ertrag um bis zu 15 Prozent gesteigert werden“.

Heute schon an morgen denken

Es stellt sich die Frage: Sollte Bayern nicht lieber andere Prioritäten setzen?

Doch gerade die Argumentation man solle zunächst einmal flächendeckendes Internet zur Verfügung stellen pariert Walter gekonnt. Er verweist darauf, „diese Probleme sind doch ein Indiz dafür, dass wir in der Vergangenheit zu spät auf technologische Entwicklungen reagiert haben. Ich halte „New Space“ für einen lukrativen Markt, wir sollten diese Chance nicht verschlafen. Außerdem hindert „Bavaria One“ niemanden daran, in schnelles Internet oder flächendeckende Mobilfunknetze zu investieren. Im Gegenteil, OneWeb zeigt, dass durch Satellitentechnik ein schneller Zugang zum Internet für jedermann weltweit möglich ist.“

Ihr Ziel, weltweit führend im Bereich Satellitentechnik zu werden ist hoch gesteckt. Sie wollen alles aus einer Hand anbieten. Von kleinen, kostengünstigen Satelliten, über Komponenten für Raketen, bis hin zur Infrastruktur um die riesigen Datenmengen zu verarbeiten soll alles mit dabei sein.

Die Entwicklung eines solchen Projektes wäre auf jeden Fall spannend zu beobachten.

Bildnachweise:

Sateliten Arm, Raketen Start, Satelit über blauer Erde, Küstenbild aus dem All von Free-Photos von Pixabax

Titelbild von WikiImages über Pixabay

Video von YouTube

Bild von Söder original von Twitter

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